DHZ aktuellPolitische Gespräche in Berlin
Vorstand der Handwerkskammer für Schwaben tauscht sich mit Bundestagsabgeordneten und ZDH aus
Die Vorstandsreise der Handwerkskammer für Schwaben Anfang November hat in einer politisch turbulenten Woche stattgefunden. Zum einen durch die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA, zum anderen durch das Platzen der Ampelkoalition. Der Berlinbesuch fand auf Einladung des FDP-Bundestagsabgeordneten Stephan Thomae statt. Präsidium, Vorstand und Hauptgeschäftsführung der Kammer nutzten die Berlinreise für weitere Gespräche mit Vertretern anderer Parteien und einem Treffen mit Beamten des Wirtschaftsministeriums. Den Auftakt machte aber ein Gespräch mit Dirk Palige, dem Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).
Palige gab interessante Einblicke in die politische Arbeit des ZDH. Diese sei in den letzten Jahren zunehmend schwieriger und herausfordernder geworden. Es gäbe immer kürzere Fristen für die Stellungnahmen des Verbands zu unterschiedlichen Gesetzesvorhaben. Der politische Betrieb werde immer hektischer und die Chancen, Einfluss zu nehmen sowie auf mögliche negative Auswirkungen verschiedener Entscheidungen hinzuweisen, geringer. Oft sei es auch nicht mehr möglich, nachgeordnete Handwerksorganisationen, wie zum Beispiel die Kammern und deren Expertise, miteinzubeziehen. Der ZDH müsse sich bei seiner Lobbyarbeit auf die wichtigsten Vorhaben konzentrieren. Mit der Ampelkoalition habe es trotz aller Herausforderungen aber eine enge Vernetzung und größtenteils gute Zusammenarbeit gegeben, so Palige.
Treffen beim Zentralverband des Deutschen Handwerks mit ZDH-Geschäftsführer Dirk Palige (links).
Beim Gespräch mit den Abgeordneten von CSU und CDU. Die Schwetserparteien bereiten ein 100-Tage-Programm vor.
Treffen mit FDP-Bundestagsabgeordneten
Das Treffen mit den beiden Bundestagsabgeordneten Stephan Thomae und Maximilian Funke-Kaiser von der FDP fand wenige Stunden vor dem Platzen der Ampelkoalition statt. Beide zeigten sich da noch zuversichtlich, dass die Koalition halten würde. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand zunächst das Papier von zu diesem Zeitpunkt Noch-Finanzminister Christian Lindner. HWK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner: „Wir waren uns einig, dass das Papier wichtige Punkte enthält, über die gesprochen werden muss. Vor allem muss die Wirtschaft ganz oben auf der Agenda stehen, denn dort wird das Geld generiert, das für dringende Zukunftsaufgaben benötigt wird.“
Des Weiteren ging es beim Gespräch mit der FDP um den Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Die schwäbischen Handwerksvertreter forderten, dass der zunehmenden Akademisierung entgegengewirkt werden müsse. Die duale Ausbildung müsse an Attraktivität gewinnen sowie die Berufsbildungszentren gestärkt und mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet werden.
Die HWK erneuerte, wie in allen weiteren Gesprächsrunden, die Forderung nach einem Nachfolgebonus. In Bayern steht in den kommenden Jahren die Übergabe von 30.000 Betrieben an die jüngere Generation an, in Schwaben sind es 5.000 Betriebe. HWK-Präsident Hans-Peter Rauch: „Junge Menschen wagen heute immer seltener den Weg ins Unternehmertum. Sie werden unter anderem durch überbordende Bürokratie abgeschreckt. Wir müssen den Beruf des Unternehmers attraktiver gestalten. Ein Nachfolgebonus kann dabei helfen.“ Die Abgeordneten Thomae und Funke-Kaiser wollen den Vorschlag auf ihre Agenda nehmen.
„Das Handwerk kann zu Recht erwarten, dass im Bund eine verantwortungsvolle Politik gemacht wird.“ Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben
Förderung für Berufsbildungszentren
Beim Treffen mit Boris Petschulat vom Bundeswirtschaftsministerium stand unter anderem die Weiterbildung im Handwerk auf der Tagesordnung. Hier ging es um den Status von freiberuflichen Dozenten, die nach einem aktuellen Vorhaben drohen, als scheinselbstständig eingeordnet zu werden. Wagner: „Lebenslanges Lernen ist wichtig und es muss für unsere Handwerkerinnen und Handwerker finanziell leistbar sein. Wenn Fachleute nebenberuflich als Dozentinnen und Dozenten tätig sind, dürfen sie nicht in die Scheinselbstständigkeit rutschen.“
Ein wichtiger Punkt war auch die Finanzierung der Berufsbildungszentren. Hans-Peter Rauch beim Gespräch: „Wir sehen mit Sorge, dass die Mittel für die Bildungsstätten des Handwerks im bisherigen Etatentwurf für 2025 nur geringfügig erhöht wurden. Wir brauchen eine ausreichende Förderung, um eine gute Ausbildung im Handwerk weiterhin garantieren zu können.“ Petschulat zeigte sich zuversichtlich, dass eine weitere Aufstockung der Mittel noch in diesem Jahr beschlossen wird.
Im Anschluss sprachen die HWK-Vertreter mit den SPD-Abgeordneten Christoph Schmid und Heike Heubach. Hier standen vor allem die steigenden Sozialabgaben im Mittelpunkt. Die Haltelinie von 40 Prozent sei längst gerissen, sagte HWK-Hauptgeschäftsführer Wagner. „Handwerk ist personalintensiv. Die Belastung der Einkommen hat ein zu großes Ausmaß angenommen. Wir brauchen definitiv eine Entlastung der Leistungsträger in dieser Gesellschaft.“ Wagner und Rauch forderten mehr Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen. Rauch: „Der Staat hat jedes Jahr mehr Einnahmen. Es handelt sich um ein Ausgabenproblem. Die Bundespolitik muss sich darum kümmern und Verantwortung für die Zukunft übernehmen.“
Zum Abschluss des Berlinbesuchs gab es am Tag nach dem Platzen der Ampelkoalition ein Gespräch mit den CSU-Abgeordneten Hansjörg Durz, Alexander Engelhard, Ulrich Lange und Volker Ullrich sowie dem Abgeordneten und Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei. Hier standen vor allem die hohen Energiekosten im Fokus. Alle Beteiligten waren sich einig, dass es nicht immer nur Entlastungen und Subventionen für die Industrie geben dürfe, sondern mehr auf den Mittelstand geachtet werden müsse. Darüber hinaus ging es auch bei diesem Gespräch um Themen wie die berufliche Bildung sowie Betriebsübergabe und Nachfolgebonus. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition, so die Abgeordneten, seien CDU und CSU gerade dabei, ein 100-Tage-Programm aufzusetzen. Die Forderungen der HWK-Vertreter sollen Berücksichtigung finden.
Neun Forderungen des Handwerks an die Bundespolitik
Mehr Wertschätzung für Handwerk und Unternehmertum:
Das Handwerk ist unverzichtbar für Zukunftsaufgaben wie Energiewende oder Wohnungsbau.
Mehr Verlässlichkeit politischer Entscheidungen:
Das Handwerk braucht Planungssicherheit hinsichtlich Gesetzgebung, Investitionen und Förderungen.
Höheres Reformtempo und wirksamere Maßnahmen:
Bei der aktuellen Wachstumsschwäche muss besser gegengesteuert werden.
Förderung der Bauwirtschaft:
Die Politik muss ausreichend finanzielle Mittel bereitstellen, um die Baukonjunktur anzukurbeln.
Senkung der Steuer- und Abgabenlast:
Es braucht eine grundlegende Strukturreform, Leistungsträger müssen entlastet werden.
Abbau von Bürokratie:
Die Anstrengungen der Politik müssen intensiviert werden, um hohen Zeitaufwand und Kosten zu reduzieren.
Fach- und Arbeitskräftemangel:
Es braucht größere Anstrengungen, um den hohen Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken.
Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung:
Der Trend zur Akademisierung muss gestoppt werden, duale Ausbildung muss attraktiver werden.
Förderung der beruflichen Bildung:
Die Mittel für die berufliche Aus- und Weiterbildung müssen erhöht, Berufsbildungszentren gestärkt werden.
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